AFD-Bundesparteitag in Essen verhindern! Interview mit dem Chemnitzer Stadtrat der Partei “Die PARTEI” Sebastian Cedel

AfD Bundesparteitag in ESSEN verhindern

In Chemnitz wird offen darüber diskutiert, wie der AfD-Bundesparteitag in Essen verhindert werden könnte. Wir wollten vom Chemnitzer Stadtrat Sebastian Cedel von der Partei “Die PARTEI” wissen, wie das mit demokratischen Mitteln gehen könnte.

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Frage: Nach Riesa 2022 und Magdeburg 2023 will die NoAfD ihren Bundesparteitag in der Grugahalle in Essen abhalten. Vom 28sten bis 30sten Juni wollen dort etwa 1000 Delegierte zusammenkommen um verschiedenste Anträge zu beraten, Delegierte und Kandidaten für Ämter und Wahlen zu bestimmen. Was würde es für die Parteiarbeit der NoAfD bedeuten, wenn durch friedliche Proteste dieser Kongress verhindert werden könnte?

Sebastian: Ja, was das bedeuten würde? Dass er nicht stattfindet. Und ich glaube, das wäre durchaus wünschenswert, weil ja, wir haben in den letzten Jahren immer wieder gesehen, dass da eine zunehmende Radikalisierung der AfD stattfindet. Und das wird sicherlich auch in Essen nicht halt machen. Ich glaube schon, dass es wichtig ist, sich dagegen zu stellen mit friedlichen Mitteln. Gleichzeitig erhöht das natürlich auch den Druck und die Anspannung. Je mehr Leute auf die Straße gehen und zeigen, dass sie eben nicht mit dem Tenor, mit den Inhalten, mit den radikalen Positionen einverstanden sind, die diese Partei versucht zu etablieren und auch zu legitimieren, das ist so der Kern an der ganzen Sache und deswegen ist es wichtig, dort eben auch den Protest auf der Straße zu führen. Was das für die Partei natürlich bedeuten würde, ist ganz klar. Mit so einem Bundesparteitag geht eine extreme Menge an Organisation vorher: finanzielle Mittel, die dort reinfließen, strukturelle Arbeit. Und wenn die natürlich gemacht wird, ohne dass da ein Ergebnis herauskommt für die AfD, wenn der Parteitag eben nicht stattfinden kann, ja dann, dann ist das ja aber Arbeit ohne Resultat. Und das ist prinzipiell was, was man sich wünscht bei Faschisten, dass da kein Resultat rauskommt am Ende. Und natürlich sind das dann auch Gelder, die in die Luft geblasen werden und nicht mehr anders eingesetzt werden können. Also das heißt, die strukturelle Parteiarbeit würde dadurch schon behindert und beschädigt werden, ganz klar. Aber gleichzeitig ist der Protest ja auch ein legitimes Mittel. Jede Partei muss mit Gegenwind rechnen. Und wenn er gesellschaftlich eben sehr groß ist, bedeutet das für die Partei eben auch deutlich mehr Anstrengungen in diesem Bereich. Für die einzelnen Personen, kann man auch sagen, steigt natürlich auch insgesamt die Anspannung in der Arbeit und das pflanzt sich ja fort. Das kann ich mir sehr gut vorstellen innerhalb der Partei, das heißt, dort werden dann Debatten definitiv härter geführt. Vielleicht fallen dann auch Gesichter noch eher durch. Man wird unvorsichtig. Ich glaube, dass da eben ein gesellschaftlicher Gegenwind die Maske noch deutlicher runterreißen kann.

Frage: Anfang des Jahres 2024 waren mehrere Millionen Menschen in der Bundesrepublik auf den Strassen, um gegen das rechtsextremistische Programm der NoAfD zu protestieren. Würden nur zehn Prozent dieser Menschen zum NoAfD-Kongress nach Essen fahren und dort friedlich demonstrieren, könnte der Bundesparteitag der NoAfD vorraussichtlich nicht stattfinden. Welche Argumente könnten die Menschen, die Anfang des Jahres 2024 gegen die NoAfD demonstriert haben, davon überzeugen, dass es sinnvoll wäre, die Proteste in Essen vor Ort zu unterstützen?

Sebastian: Ich glaube tatsächlich, dass die Menschen die Argumente schon verinnerlicht haben.
Das hoffe ich zumindest. Sonst wären sie nicht auf die Straße gegangen. Aber ich glaube, man kann nicht nur einmal auf die Straße gehen. Man muss sich auch entschieden und entschlossen gegen den aufkommenden Rechtsextremismus in Parteien wie der AfD stellen. Und da reicht es eben nicht nur, zumindest für mein Ansinnen, für Demokratie auf die Straße zu gehen, während Parallelversammlungen solcher Strukturen stattfinden. Da muss man Gegenwind leisten. Das muss auch nicht immer bequem für einen selbst sein. Das heißt, man sollte seinen Arsch nach Essen bewegen und dort mit auf die Straße gehen, um eben zu zeigen: Nein, wir sind damit nicht einverstanden und wir wollen auch so nicht weiter. Wir wollen nicht, dass sich diese Ansichten, diese faschistoiden Strukturen weiterhin in die Gesellschaft reinfressen. Am Ende trifft es jeden von uns. Ja, deswegen würde ich sagen auf nach Essen. Das Deutschlandticket gibt es nicht mehr für 9 €. Aber es ist doch noch so halbwegs erschwinglich.

Frage: Warum reicht es nicht, privat gegen die NoAfD zu sein und alle paar Jahre mal zum Wählen zu gehen? Könnte es sein, dass neonazistische Parteien wie die NoAfD, Der 3. Weg, die Freien Sachsen, die Heimat nicht mit demokratischen Mitteln verhindert werden können? Hat nicht bereits der Erfolg der NSDAP ganz klar gezeigt, dass die NoAfD NICHT genauso behandelt werden darf wie demokratische Parteien, weil die sonst die Demokratie abschaffen?

Sebastian: Ich möchte jetzt nicht unbedingt für nichtdemokratische Mittel werben, ich halte es für demokratisch legitim (in Essen massenhaft gegen die NoAfD zu demonstrieren). Ich glaube auch das Grundgesetz ist im Kern zutiefst antifaschistisch und ich halte es für legitim, genau da auch die Grenze zu ziehen. Man muss die AfD nicht in jede Talkshow einladen und man braucht diese gelobte Überparteilichkeit oder Parteineutralität nur bis zu einem gewissen Punkt erdulden. Und genauso ist das ja mit dem Wählen gehen. Man muss die Gesellschaft jeden Tag verändern. Man muss das, was sich sozusagen in die Gesellschaft hineinwurzelt, das, was heutzutage gesagt werden kann in der Gesellschaft und gesagt wird, wie sich Hass und Hetze normalisieren, das sind Punkte, die treffen jeden Tag Personen und Menschen und irgendwann trifft es auch die, wird es auch die treffen, wenn diese Strukturen weiter wachsen, die momentan vielleicht noch nicht betroffen sind oder das Problem für sich noch nicht erkannt haben, wohin diese, dieser Rechtsextremismus und dieser Faschismus führt. Und deswegen reicht es eben nicht, alle paar Jahre zur Wahl zu gehen, sondern man hat im Grunde in einer Demokratie jeden Tag die Wahl gegen Faschismus aufzustehen. Und das sollte man auch wahrnehmen, jeden Tag.

Was sich momentan zeigt, ist ein kontinuierlicher Rechtsruck des kompletten Parteienspektrums, sei es SPD, Grüne, CDU sowieso, dass dort immer verschärftere Asylgesetzgebungen kommen. Also man springt auf diesen rechtsextremen Zug auf. Man versucht damit zu befrieden, anstatt Gesicht zu zeigen und zu sagen NEIN, Humanismus hat für uns einen Wert und wir verlieren unseren Wertekanon nicht, den wir vor Jahren noch propagiert haben. Auch als Partei. Und wenn das die Parteien nicht hinbekommen, dann sollte das die Zivilgesellschaft hinbekommen.

Vielen Dank an Sebastian Cedel von der Partei “Die PARTEI” für dieses Interview. Wir wünschen ihm und seiner Partei viel Erfolg bei den anstehenden Wahlen.

Frieder von der Radiotipi-Redaktion für das Detektor-Infomagazin von Radio-T aus Chemnitz.

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